Schon schön…


… was man vor zehn Jahren so alles im BREMER besprechen konnte: Jaga Jazzist zum Beispiel von denen übrigens demnächst ein ganz tolle Album auf Ninja Tune erscheint: „Live With Britten Sinfonia“, wovon hier schon ein Vorgeschmack bereit steht:

Nun aber zu den ausgewählten Neuerscheinungen von damals:

jaga jazzist /the stix

ninja tune /zomba

Die Mitglieder der zehnköpfigen norwegischen Jazz-Sensation waren in der Vergangenheit in den verschiedensten Zusammenhängen tätig: Bei Kim Hiorthoy, Bugge Wesseltoft, Euroboys, Jazzkammer, Lasse Marhaug, Motorpsycho u.v.a., was einen angenehm libertären musikalischen Ansatz erkennen lässt. Auf ihrem Debüt „A Livingroom Hush“ beeindruckten sie mit der Leichtigkeit, in der sie ihre Fusion aus Jazz, Elektronik und (Post-)Rock vollzogen. „The Stix“ geht nicht nur in dieser Hinsicht noch einen großen Schritt weiter. Zwischen dem elektrischen Herbie Hancock, der Eleganz der Chicagoer Szene um Tortoise und Breakbeat-Artisten wie Squarepusher spielen Jaga Jazzist eine so abgeklärte wie frische Musik, die bei aller Avanciertheit gar noch Pop-Appeal in Mengen verströmt. Und eine Band, die eines ihrer Stücke „I Could Have Killed Him In The Sauna“ nennt, hat sowieso fast schon gewonnen.

blood brothers /burn piano island, burn

artistdirect /zomba

Ross Robinson hat eine Menge zu diesem Album zu sagen. Das Info zur Platte zitiert ihn ausgiebig, während die Band anscheinend alles, was ihrerseits mitzuteilen war, in die 12 Stücke dieses Albums goss. Vielleicht hat der durch seine Jobs als Produzent so fürchterlicher Erscheinungen wie Limp Bizkit und Korn zu Geld gekommene Robinson einen nicht geringen Einfluss auf dieses Album gehabt. Möglicherweise hat er auch gemerkt, dass die Blood Brothers die Faith No More des neuen Metal werden könnten, sollten sie ihre Mr.-Bungle-Phase demnächst überwinden, der sie hier beherzt fröhnen. Frappierend in dieser Hinsicht vor allem die stimmliche Nähe zum frühen Patton. Musikalisch ist das allerdings – um Missverständnissen vorzubeugen – ein durchaus eigenständiger Entwurf: Aufgewühlter Hardcore wird mit verfleischwolften Pop-Elementen und kühn konstruierten Metal-Massiven gekreuzt, dass es nur so eine Freude ist. Fenster auf, Lautstärke hoch, die Party kann beginnen!

cave in /antenna

rca /bmg

Mit „Antenna“ veröffentlichen Cave In ihr Major-Label-Debüt. Mit Produzent Rich Costey nahmen die Prog-Pop-Metaller aus Massachussets ein Album auf, das zu hören den letzten Rest alter Fans ihre Häupter erschüttert in einem Stapel alter Slayer-Alben vergraben lassen dürfte: Das neue Album überschreitet locker das Bombast-Niveau von „Jupiter“. Da darf es mittlerweile auch eine semiakustische Halbballade wie „Beautiful Son“ sein oder ein Song von über acht Minuten Länge. Schön ist das allemal, auch wenn man bisweilen das Wechselspiel von ätherischem Gesang und wütendem Schrei von ehedem vermissen mag. Bemerkenswert jedenfalls, dass wieder einmal eine Generation von kathartischem Gebretter geläuterter Hardcore-Kids die Matura mit dem Aufarbeiten der Klassiker macht. Wo eine Band wie die Cancer Conspiracy sich erfolgreich an King Crimson versuchte, haben Cave In als Examensthema Rush auf der Agenda. Ganz schön erwachsen für so junge Spunde.

stephen malkmus & the jicks /pig lib

domino /zomba

Manche Leute fanden Malkmus‘ namenloses Solo-Debüt eine Idee zu einfallslos, zu nah an den aufgelösten Pavement. „Pig Lib“ ist nun ein eigenständigerer Entwurf in Rock. Die Songs werden immer wieder von verschrobenen Prog-Einschüben gebrochen – in „Witch Mountain Bridge“ zitiert er übrigens der Peppers‘ „Californication“ -, was verhindert, dass sie sich so unmittelbar einschmeicheln, wie es beispielsweise „Jenny & The Ess-Dog“ vom Debüt tat. Malkmus ist allerdings Songwriter genug, auch in diesem Rahmen wieder substanziell zu überzeugen. Seine launigen Geschichten, vorgetragen im typisch verschlafenen Tonfall, sind nach wie vor ein Genuss. Sich von einer Band zu emanzipieren, deren gewichtigste Beiträge zumindest zum großen Teil von Malkmus selbst stammten, braucht vielleicht einfach ein wenig Zeit.

tomahawk /mit gas

ipecac /efa

Es gibt zu Rezensionsexemplaren immer einen Zettel, auf dem steht, warum gerade diese Platte gut ist. Dass „Mit Gas“ viel besser sei, als das Tomahawk-Debüt von vor zwei Jahren, steht u.a. in der Packungsbeilage zu dieser Platte. Und es stimmt. Jenes Debüt war noch stark beeinflusst von Jesus Lizard, deren Gitarrist Duane Denison gleichzeitig als Tomahawk-Mastermind gilt. Nun spinnen sie fort, was in ihrer Musik auch schon angelegt war: der Einsatz von Elektronik, die ausgiebige Nutzung des enormen stimmlichen Potentials von Mike Patton (müssen wir noch sagen, dass er einst bei Faith No More sang?), Denisons Talent, auch anderes zu spielen, als schartigen Noise-Rock. Auf Patton gemünzt, könnte man allerdings bald den ersten Satz auf Neil Youngs Live-Album „Year Of The Horse“ variieren, der da lautet: „It’s all one song“. So mählich nämlich klingen Pattons Bands (als da noch wären Mr. Bungle, Peeping Tom und Fantômas) sich immer ähnlicher. Style-Clash, die Gegenwart des Rock, der große Rundumschlag. Noch allerdings kommt dabei stets wieder tolle Rockmusik heraus, wie hier.

 

 

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