Vor zehn Jahren für den BREMER rezensiert


http://www.youtube.com/watch?v=OfdFzyNYE_A

iva bittová /j.h.

indies records /www.tamizdat.org

Iva Bittová gehört in Tschechien zu den profiliertesten Musikern der zeitgenössischen Musik – und zu den vergleichsweise wenigen Musikern von dort, die sich international einen Namen gemacht haben. Die Violinistin, Sängerin und Komponistin vereint in ihrer Musik Jazz, Rock, „ernste“ Musik und eine Vielzahl ethnischer Einflüsse und arbeitete mit einer Vielzahl von Musikern aus den verschiedensten Genres zusammen. Eine gelungene Übersicht über diese Kollaborationen gibt es auf „j.h.“ (heißt soviel wie „als Gast“) zu hören: die legendären Duette mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten Pavel Fajt, ihre Gastspiele bei der Progrock-Band Dunaj, bei Fajts Band Pluto, dem Nederlands Blazers Enselmble und anderen. Ihre musikalische Spannweite reicht dabei von gregorianischem Gesang über eine Ravel-Adaption bis hin zum melancholischen „Gloomy Sunday“ (auch bekannt von Heather Nova). Weil ihr annähernd nichts Musikalisches fremd ist, bewegt sie sich gleichermaßen souverän in den verschiedenen Zusammenhängen. „j.h.“ ist so gleichzeitig eine interessante Einführung in das Schaffen der faszinierenden Musikerin.

 

asian dub foundation /enemy of the enemy

labels /virgin

Die mittlerweile vierte Ladung Agitprop aus dem Hause der Londoner Asian Dub Foundation: Dub, HipHop und Breakbeat versetzt mit indischen Einflüssen in einer immer mitreißenden Mischung, in Szene gesetzt von Dub-Producer-Legende Adrian Sherwood (On-U-Sound). Gegen die Ausgrenzung seitens der Gesellschaft, in der sie leben, setzen die Migrantenkinder der Asian Dub Foundation Internationalismus und Netzwerkdenken. In ihrer Musik spiegelt sich das ebenso, wie es in dem Projekt „Community Music“ in London praktisch umgesetzt wird, aus dem die Foundation vor sieben Jahren hervorging. „Enemy Of The Enemy“ ist voller Kommentare zur aktuellen Lage, der Titel bezieht sich selbstverständlich auf die amerikanische Außenpolitik. „Fortress Europe“ richtet den Blick auf die Verhältnisse, in denen die Musiker selbst leben. Überraschend ist auf „Enemy Of The Enemy“ vor allem die Zusammenarbeit mit Sinead O’Connor in „1000 Mirrors“, einem düsteren Reggae-Stück, das die in letzter Zeit nicht besonders häufig in Erscheinung getretene Sängerin mit fragilem Timbre eindrucksvoll singt.

 

calexico /feast of wire

city slang /labels /virgin

Rund zweieinhalb Jahre ist es her, dass Joey Burns und John Convertino mit ihrem dritten Album „Hot Rail“ vom Insider-Tipp zu einer Konsensband mit beachtlichen Verkaufszahlen avancierten. Ihre beseelte Melange aus Singer/Songwritertum und den vielfältigen Spielweisen des Schmelztiegels Amerika von Mariachi-Sounds bis hin zu Walzern war so delikat wie umso zugänglicher, je mehr das skizzenhafte Element – auf dem Debüt „Spoke“ noch dominierend – zugunsten herzzerreißender Songs in den Hintergrund trat. „Feast Of Wire“ geht in dieser Hinsicht noch einen Schritt weiter als „Hot Rail“. Da hängt ein Wüstenhimmel voller Geigen, die Steel-Guitar von Paul Niehaus (Lambchop) singt eine Klage, die allen Schmerz dieser Welt in sich aufnimmt, und Joey Burns singt mit einer Stimme, deren Timbre mehr als einmal an das von Jeff Buckley erinnert, von Menschen, die nicht nur metaphorisch am Rande stehen – ein Auto fährt über die Klippe, dessen Fahrer nicht einmal Stevie Nicks mehr retten konnte.

 

soulo /man, the manipulator

plug research /efa

Auf ihrem zweiten Album zelebrieren die eklektischen Pop-Freidenker eine beeindruckend schlüssige Verbindung aus melancholischem Songwriting, elektronischen Experimenten und gediegenen Arrangements, die auch vor Dub-Bässen oder einer gesampleten Bluegrass-Combo nicht halt macht. Klar: Die Auflösung der Grenzen zwischen Rock und Techno (hier jeweils als Oberbegriffe vermeintlich konträrer Verfahrensweisen gemeint) schreitet seit Jahren unaufhaltsam voran und ist über den schnöden Crossover längst hinweg. Soulo stehen für ein musikalisches Denken, das Debatten wie die über Song vs. Track weit hinter sich lässt und ganz unbefangen Musik verschiedener Ären, Stile und Regionen plündert, ohne jemals zum musikalischen Gebrauchtwarenladen zu verkommen. Als ungefähre Bezugspunkte gibt das Label dann auch Beta Band, Flaming Lips und Sigur Ros an, die in der Tat jeweils auf ihre Weise ähnlich verfahren, ohne sich im Ergebnis allzu nahe zu sein. So steckt auch „Man, The Manipulator“ voller delikater Details, schöner Melodien und ungewöhnlicher Sounds.

 

various artists /we’re a happy family – a tribute to the ramones (columbia) Joey und Dee Dee sind von uns gegangen- da ist wieder ein Tribut fällig. Die bisherigen waren überwiegend unerfreulich. Dieser bietet zumindest einige interessante Versionen: Marilyn Manson verwandelt „The KKK Took My Baby Away“ in einen klaustrophoben Spuk, Chryssie Hynde gelingt eine einigermaßen anrührende Version von „Somsthing To Believe In“ und Tom Waits (!) klingt auch in einem Ramones-Song ganz nach sich selbst. Aber wer braucht ausgerechnet „Beat On The Brat“ von U2?!

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