… für den Bremer besprochen:
ruins /tzomborgha
ipecac /efa
Wo soll es noch hinführen, wenn Mike Patton weiterhin alles Aufregende, was sich in der avantgardistischen Rockmusik und angrenzenden Universen tummelt, auf seinem Ipecac-Label veröffentlicht?! Jetzt hat er sich die Ruins unter den Nagel gerissen, auf dass sie ihren Hyper-Speed-Art-Core im gleichen Haus wie Melvins, Fantomas, Kid 606, Dälek oder Phantomsmasher veröffentlichen. Uns soll es recht sein, waren doch ihre Platten oft lediglich als teure Importe erhältlich. Das japanische Duo besteht mit wechselnden Bassisten seit rund zehn Jahren. Inspiriert von John Zorns Band Naked City veröffentlichten die Ruins auf Labels wie Skin Graft, Sonore oder Zorns Tzadik-Records eine Reihe Alben, die jedes für sich eine beispielhafte Verbindung aus Verdichtung, Rasanz und Kraft darstellen. In irrwitziger Geschwindigkeit unterwerfen die Ruins auf „Tzomborgha“ wieder eine unüberschaubare Menge an Referenzen ihrer Methode der Verdichtung und Beschleunigung. Anhand von Black Sabbath und dem Mahavishnu Orchestra wird dieses Verfahren in zwei Medleys beispielhaft vorgeführt. Das Ergebnis: eine virtuose, konzentrierte und humorvolle Musik, die niemand spielt wie die Ruins – zumindest, seit es Naked City nicht mehr gibt.
system of a down /steal this album!
american /columbia
Aus nicht sehr guten Gründen werden System Of A Down oft der NuMetal-Szene zugeschlagen. Klar, sie sind (einigermaßen) neu und (irgendwie auch) Metal. Aber wo Limp Bizkit aufkochen, was vor zehn Jahren als Crossover reüssierte, arbeiten System Of A Down an einem Sound, der Thrashmetal und Progrock mit exotischer Färbung verbindet. Sie machen sich nicht lächerlich mit dümmlichen Posen, langweilen nicht mit stumpfen Riffs, wollen mehr, als adoleszente Mützenträger zum Hüpfen bringen, und haben mit Serj Tankian einen Sänger, der einen durchaus eigenen Stil entwickelt hat, über die bisweilen angenehm verschachtelten Kompositionen zu singen. Und offenbar gehen ihnen die Ideen so schnell nicht aus: „Steal This Album!“ enthält sechzehn Outtakes aus den Sessions zum letzten Album „Toxicity“. Gut genug wären diese Songs fraglos Album gewesen. Man höre nur „Chic’n’Stu“, in dem schalkhaft bei Queen geborgt wird, oder „Nüguns“, wo System Of A Down fernöstliches Instrumentarium einarbeiten. Mit „Roulette“ gibt es sogar eine richtige Ballade zu hören.
ilse lau /tjeempie. de kat
fidel bastro /efa
Wäre es vielleicht die größere Überraschung, würden sich Ilse Lau auf ihrer dritten vollen Länge wiederholen? Wieder – und wie eben durchaus erwartet werden durfte – hat das Bremer Trio seine Musik entscheidend weiterentwickelt. Wie „Cie. de Koe“ und „Wijbren. de Beer“ ist auch das neue Album „Tjeempie. de Kat“ ein in sich geschlossenes Kapitel im Rahmen der dabei immer unverkennbar nach Ilse Lau klingenden Kontinuität des Wandels. Hier spielen sie nun ihre Liebe für Atmosphären, sanft pulsierende Grooves und warme Dub-Vibes aus, nachdem sie auf bisherigen Werken nervösen Frickelcore und Rock-Dekonstruktion überzeugend und eigenständig verarbeiteten. Die Umsetzung erfolgte mit illustren Gästen – u.a. Volker Hormann, Uli Sobotta und Greg Core -, die den bereits umfangreichen bandeigenen Instrumentenpark um Geige, Bläser und Percussion erweitern. Herausgekommen ist dabei das bislang wahrscheinlich zugänglichste Album von Ilse Lau.