gab es die letzte Platte von Godspeed You! Black Emperor – bis ungefähr vorgestern. „Yanqui u.x.o.“ gehörte zu den Platten, die ich für den November-Bremer 2002 auswählte.
messer chups /black black magic
solnze records /www.tamizdat.com
Ein Petersburger Gitarrist und Programmierer trifft auf eine sowjetische Theremin-Virtuosin, die seit einem frühen Zusammentreffen mit dem Erfinder jenes rätselhaften schwarzen Klangerzeugers vom Theremin nicht mehr wegzubringen ist. Gemeinsam verlegen sie Quentin Tarantinos Neo-Noir in den mafiösen Untergrund St. Peterburgs, wo seit der Konterrevolution die Prohibition ein Ende hat. Auf den Wellen des freien Marktes – auch der: neu und schwarz – surfen zwielichtige Entrepreneurs, im Arm wasserstoffblonde Ladies. Das Licht des finnischen Golfs, klar wie ein Glas Stolichnaya, überzieht die aus Amerika importierten Twanggitarren mit einem neuen, delikaten Licht. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich fremdes Kulturgut schöpferisch angeeignet werden kann.
godspeed you! black emperor /yanqui u.x.o.
constellation/efa
Sie bekennen sich schuldig, vom Verkauf ihrer Platten in „räuberischen Superstores“ zu profitieren, und fordern uns auf, „Yanqui U.X.O.“ anderswo – beispielsweise bei einem korrekten Mailorder – zu kaufen. Godspeed You! Black Emperor streben danach, sich den Mechanismen des Kapitalismus zu entziehen – um die Widersprüchlichkeit des Vorhabens wissend. Soweit, so sympathisch. Auf der musikalischen Ebene, und die ist schließlich entscheidend, ließe sich derweil einwenden, dass das Godspeed-Konzept – ausgedehnte Instrumentals mit langen Dynamikbögen und dramatischen, aufwändigen Arrangements mit Streichern, Gitarren, Schlagzeug und versprengten Samples, aufgenommen diesmal übrigens von Steve Albini – nur in Nuancen ausbaufähig erscheint. Aktuell wäre das eine sporadische Luftigkeit, Mut zu Lücken in den Kompositionen. So ist „Yanqui U.X.O.“ (natürlich) wieder ein sehr schönes Album geworden – unverkennbar GY!BE, immerhin mit einem Minimum an Weiterentwicklung.
jets to brazil /perfecting the loneliness
jade tree /cargo
Mit dem sperrigen Post-Hardcore seiner legendären Band Jawbreaker hat das, was deren Gitarrist, Sänger und Songwriter Blake Schwarzenbach seit drei Alben mit seiner Band Jets To Brazil tut, nicht mehr viel zu tun. Geblieben ist – natürlich – Schwarzenbachs brüchiges Timbre, das nun von aufwändigen Arrangements getragen wird, in denen mittlerweile locker Platz für Klavier, Mellotron und Steelguitar ist. Geblieben ist außerdem, was Schwarzenbachs Songs von Beginn an ausgezeichnet hat: Seine Fähigkeit, im knappen und durchstrukturierten Format eines Rock-Songs wunderschöne Geschichten zu erzählen, denen kaum anzumerken ist, dass sie Liedertexte sind, wenn man sie liest. „It’s beautiful and it’s sad, but it’s all that i have“, singt er irgendwo auf diesem Album. „Perfecting Loneliness“ zeigt ihn klassizistischer denn je. Vielleicht steht er in nicht allzu ferner Zukunft neben Ikonen wie Bob Mould oder Paul Weller: Große Songwriter, deren Status weit über den Untergrund hinausreicht.
robotobibok /jogging (vytvŏrnia/antena krzyku umc; http://www.tamizdat.com). Robotobibok aus Polen haben ihre Wurzeln im Jazz der Sechziger – von Acid-Jazz über Hardbop bis zu freieren Spielweisen -, erweitern ihren Sound um handgespielte Breakbeats und setzen mit ihrem Instrumentarium aus Gitarre, Moog-Synthesizer, Saxophon, Percussion und Kontrabass immer wieder zu kollektiven Improvisationen an, in denen sie intensive Momente der Verdichtung erreichen.