Vor zehn Jahren im BREMER besprochen


wilco /yankee hotel foxtrot

nonesuch /wea

Weil seine Plattenfirma in den USA nach „Summerteeth“ ein Hyper-Pop-Album erwartete, überwarf sich Wilco-Mainman Jeff Tweedy mit der Company und suchte sich eine andere. „Summerteeth Vol.2“ wollte er nicht machen. So verzögerte sich das Erscheinen der neuen Wilco beträchtlich. Das Warten hat sich indes gelohnt. Eine Platte, die sich spröde gibt, jedoch bald ihre schillernde Schönheit offenbart. Große Songs schreibt Tweedy nach wie vor. Allerdings erlaubt er sich (und Jim O’Rourke, der dieses Album gemischt hat) einen freieren Umgang mit Klang und Form. Noise-Partikel irritieren an den Rändern und in den Ritzen der Songs, Beats von echtem Schlagzeug werden wie Loops eingesetzt, und das Drei-Minuten-Format wird dezent aufgelöst. Neu ist außerdem ein trockener Humor, der sich in schalkhaften Bläsersätzen und Songs über Schlagzeuger in Heavy-Metal-Bands niederschlägt. Höchst elegant haben Wilco damit neue Wege betreten, die in ihrem bisherigen Schaffen zwar angelegt waren, aber eher unter der Oberfläche schlummerten. Eine wunderschöne Blüte Wilco’scher Liedkunst.

 

neil young /are you passionate?

reprise /wea

Zwei Jahre nach seinem letzten Studio-Album „Silver & Gold“ hat sich Neil Young mit Booker T. und seinen MGs zusammengetan, die er sich in der Vergangenheit bereits als Backingband engagierte, wenn nicht mit Crazy Horse unterwegs war. Nach dem eher resignativen „Silver & Gold“ klingt Young 2002 ungewohnt leicht, nicht selten gar beschwingt, aber auch eigentümlich unspektakulär. Kein großer Wurf, eher ein Album voller hübscher Songs. Auch wenn das seltsam klingt: Der 11. September hat Spuren hinterlassen. In dem Song „Let’s Roll“ nimmt er Bezug auf die Ereignisse: „No one has the answer / But one thing is true / You got to turn on evil / When it’s coming after you“, heißt es da unter anderem. Young, nicht erst einmal aufgefallen durch reaktionäre Statements, erweist sich auch hier als Patriot. Im Grunde ist seine Botschaft jedoch die gleiche wie immer, verpackt in schlichte, aber vieldeutige Verse: Die Liebe (ganz abstrakt genommen) soll es richten, damit unsere Kinder nicht voller Furcht aufwachsen.

songs: ohia /didn’t it rain

secretly canadian /cargo

Nach einer Live-Platte kommt Jeff Molina nun mit einem Werk ums Eck, dass keine Fragen offen lässt, weshalb schon der Titel eine rhetorische ist. Beinahe nackt die Performance, Molina und seine Mitmusiker um ein Mikrophon geschart, die sparsam eingesetzten Instrumente unverstärkt. Ungeschönt die Stimmen, wie auf alten Bluegrass-Platten, übrigens in Harmoniegesängen und Instrumentierung (Mandoline) auch stilistisch an jene alte Musik erinnernd.

Das hier und heute ist dennoch da. Molina singt den „Steve Albini’s Blues“, der mit dieser Platte eigentlich nichts zu tun hat, außer vielleicht, dass eine Sound-Ästhetik, wie Albini sie zum Beispiel mit Low verwirklicht hat, hier ihre Entsprechung findet. Pure Melancholie, eine wunderschöne, beinahe produktionslose Produktion, wenn das denn ginge.

 

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