taz Nord 16.12.2006
Aus gegebenem Anlass:
Einkaufen mit älteren Herren
Geschlagene neun Jahre ist es her, dass Blohm und Voss auf die Jagd nach Geschenken gingen. Zeit, sich zu erinnern.
Voss: Dr. Blohm! Gut, dass ich Sie treffe. Eine Katastrophe! Weihnachten steht vor der Tür, und ich habe immer noch kein Geschenk für meine Mutter.
Dr. Blohm: Sie Ärmster! Mein Glück, dass Frau Blohm solche Dinge besorgt.
Voss: Das können Sie laut sagen!
Dr. Blohm: Nur Mut. Ich werde Sie begleiten. Aber erst brauchen wir Inspiration.
Voss: Eine Feuerzangenbowle wäre herrlich …
Dr. Blohm: Ohne mich. Ich bestehe auf Glühwein.
(Der erste Glühwein findet seinen Weg in die Mägen von Blohm und Voss)
Dr. Blohm: Nun fühle ich mich der Aufgabe gewachsen. Haben Sie eine Idee?
Voss: Vielleicht einen Schal …
Dr. Blohm: Wie abgeschmackt! Warum nicht Seife oder Pralinen?!
Voss: Meinen Sie?
Dr. Blohm: Ich scherze. Vielleicht sollten wir ganz bremisch ,nach Karstadt‘ gehen.
Voss: Der Gang durch die Parfümabteilung ist nur mutigen Menschen oder welchen ohne Geruchsempfinden zu empfehlen.
Dr. Blohm: Hier soll es auch einen Schnäppchenmarkt geben.
Verkäufer: Da heißt es aufgepasst, mitgemacht und mitgewühlt! Alles für zehn Mark. Preiswerter ist es wirklich nicht machbar …
Dr. Blohm: Hier gibt es nur Spannbettlaken und Phil-Collins-CDs.
Voss: Ich brauch‘ noch einen Glühwein.
Dr. Blohm: Recht so.
(Nach zwei weiteren Gläsern nehmen die beiden wieder den Kampf auf)
Dr. Blohm: Als mein Freund Travnicek gefragt wurde, was er bei all dem weihnachtlichen Lichterglanz empfinde, sagte er, er wünsche sich einen Kurzschluss.
Voss: Das würde auch nichts gegen die Nikolausmützen der Passanten dort ausrichten.
Dr. Blohm: Leider! Wissen Sie, was die Menschen so in Raserei treibt?
Voss: Vielleicht hilft noch ein Glühwein.
(So geschieht es, und Blohm gerät sichtlich in Laune)
Dr. Blohm: Ein Buchgeschäft! Keine Widerrede!
Voss: Und was ist mit meiner Mutter?
Dr. Blohm: Es wird sich schon was finden lassen. Travnicek sagte immer: „I geh in a G’schäft eini, schnapp, was i kriegen kann, und zu Haus pack i’s aus und denk nach, wem i’s anhängen kann.“ Hier, ein Kochbuch, oder ein Buch von Uli Wickert, etwas mit Niveau …
(Eine Lichterkette mit sich reißend stolpert Blohm in die Arme von Voss)
Voss: Na na, nicht so stürmisch alter Freund! Sie haben ja einen Schwips!
Dr. Blohm: Iwo! Aber wissen Sie was? Ich werde mich daheim der Lektüre widmen. Eine große Hilfe scheine ich ohnehin nicht zu sein. Frohe Weihnachten, und grüßen Sie Ihre Mutter.
Voss: Frohe Weihnachten, Dr. Blohm! Anscheinend gibt es Dinge, die ein Mann alleine tun muss.