STEVE MALKMUS
Swedish Reggae
DOMINO/VIRGIN
Erst hieß es, Pavement seien für unbestimmte Zeit lediglich auf Eis gelegt. Steve Malkmus lässt nun angelegentlich seines ersten Solo-Albums verlauten, dass „definitiv“ Schluss mit Pavement sei. Und zur neuen Platte meint er: „Ich hasse es, das zu sagen, aber es ist das gleiche wie Pavement, nur mit einer anderen Rhythmus-Sektion.“ So ganz stimmt das zwar nicht, aber es ist natürlich die gleiche, leicht schläfrig klingende, nicht selten am Ton vorbei singende Stimme, die wir schon bei Pavement geliebt haben, und es ist immer noch der gleiche smarte Humor, von dem schon der Titel zeugt, der auch durch die Zeilen der Songs blinzelt, wie in „The Hook“, wo Malkmus jemandes erzählt, der mit 18 im Mittelmeer von türkischen Piraten gekidnappt wird, die ihn nach ein wenig Folter doch lieber als Maskottchen behalten. Und natürlich gönnt Malkmus sich und uns auch diverse musikalische Schrullen, täuscht ein paar Takte lang öden Schweine-Rock vor, bevor er das wehmütige „Church On White“ beginnt, lässt kurz eine Metal-Gitarre aufbratzen oder klimpert zwischendurch auf komischen Analog-Synthesizern herum. Und wie jede Pavement-Platte hat auch „Swedish Reggae“ natürlich eine gute Handvoll vordergründig unspektakulär daherkommender Riesenhits, „Jenny & The Ess-Dog“ oder „Trojan Curfew“ zum Beispiel. Songs, wie sie niemand so entspannt gespielt hat, wie Pavement oder eben nun deren ehemaliges Aushängeschild. Solange es Malkmus gibt, müssen wir uns da anscheinend keine großen Sorgen machen.
MÖRSER
10.000 Bad Guys Dead
Chrome St. Magnus
Mit „Two Hours To Doom“, ihrem ersten Album, haben Mörser vor zwei Jahren wie schon lange keine Band mehr Grindcore, Deathmetal und angrenzende Genres hergenommen und durch erbarmungslose Überspitzung und Beschleunigung wieder genießbar gemacht. Da man dieselbe Wirkung durch bloße Wiederholung nicht unbedingt auch ein zweites Mal erzielen kann, haben Mörser die Rezeptur für ihr neues Album umgestellt. Dabei landen sie bei einer nach wie vor brachial zermalmenden Version des derben Stoffs, die aufgrund ihrer Lust am Pathos an „Symphonies Of Sickness“, das zweite Album von Carcass erinnert: nach wie vor rasend schneller und ganz tief in den Eingeweiden herum manschender, aber in größere Formen gegossener Lärm. Keine Miniaturen von wenigen Sekunden Länge, sondern Stücke, die im Schnitt um die drei Minuten dauern. Auch mit „10.000 Bad Guys Dead“ gehören Mörser nach wie vor zum Feinsten, was es auf diesem Sektor in letzter Zeit zu hören gab. Im Programm des neuen Labels Chrome St. Magnus, auf dem auch Systral, Breach und Dillinger Escape Plan veröffentlichen, nehmen sie sich dabei denn auch hervorragend aus.
GEOFF FARINA
Reverse Eclipse
SOUTHERN/EFA
Manche kennen Geoff Farina vielleicht von seiner Band Karate, die erst vor kurzem ihr viertes Album veröffentlichte und in der Farina singt und Gitarre spielt. Wer deren Musik kennt, wird wohl sofort die Stimme erkennen, vielleicht auch das Gitarrenspiel, das schon auf den letzten beiden Karate-Alben zunehmend einen jazzigen Ton bekam. Dabei klingt Geoff Farina ohne Karate dann eben doch nicht genau wie Geoff Farina ohne Karate. Es klingt, als nutze er die Freiheiten des unbegleiteten Spielens, um seinen spontanen Einfällen nachzugehen, nicht nur bei seinen Soli, bei denen er Tempi verschleppt, kurz innehält, um eine perlende Linie folgen zu lassen. Auch seine Texte scheint Farina bisweilen noch während der Aufnahmen zu ergänzen, als ob sie ihm nicht präzise genug seien. Dabei klingt hier zwar einiges skizzenhaft. Als Album wirkt „Reverse Eclipse“ dann allerdings doch sehr geschlossen, als hätte Geoff Farina sich an einem regnerischen Wochenende in seinem Wohnzimmer verkrochen und mal eben in einem Zug dreizehn Songs aufgenommen, die ihm schon lange im Kopf herumschwirrten. Eine sehr schöne, sehr angenehme Platte.
WALTER, O’ROURKE & LONBERG-HOLM: A Tribute To Masayuki Takayanagi (GROB/Hausmusik) Masayuki Takayanagi legte seine Gitarre als einer der ersten übers Knie, um totalen Noise darauf zu spielen. Weasel Walter (Flying Luttenbachers) rief Jim O’Rourke und Fred Lonberg-Holm zu sich und spielte mit ihnen zu Ehren von Takayanagi, so krachig, wie wir Jim O’Rourke wohl noch nie gehört haben.
BS 2000: Simply Mortified (Grand Royal/Labels/Virgin) Ad Rock (Beastie Boys) und sein Kumpel Amey Smith haben sich zu einem reichlich schrägen Projekt zusammengefunden: Eine schepprige Farfisa trifft auf Cheapo-Beats aus dem Casio und merkwürdig behandelte Stimmen, während die Styles vergangener Jahrzehnte geplündert werden: Bossanova, Foxtrot oder Bossanova, BS 2000 schrecken vor nichts zurück. Äußerst amüsant.
(alles aus BREMER 02/2001)