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Revolution. Vor sieben Jahren für die taz bremen geschrieben:

Alle Mächt den Räten!

Vor 85 Jahren wurde die Räterepublik Bremen auf SPD-Befehl niedergeschlagen

Rote Fahnen auf dem Rathaus, der Marktplatz voller Arbeiter und Arbeiterinnen, die das gesellschaftliche Leben selbst in die Hand nehmen wollen – durch die Organisation in Räten, jederzeit abrufbar und durch ein imperatives Mandat an den Wählerauftrag gebunden.

Die Bremer Räterepublik war neben ihrem Münchener Pendant der erfolgreichste Versuch, die Novemberrevolution nach Vorbild der russischen Oktoberrevolution weiterzutreiben, zum sozialistischen Rätestaat mit dem Fernziel einer Welt ohne Kapitalismus und Imperialismus.

Bremen war eine kommunistische Hochburg. Noch vor Gründung der KPD Ende 1918 gab es hier die Internationalen Kommunisten Deutschlands und mit der „Bremer Bürgerzeitung“ (BBZ) ein wichtiges kommunistisches Organ, in dem auch Rosa Luxemburg, Karl Radek und Franz Mehring veröffentlichten.

Am 4. November 1918 hatte die Novemberrevolution in Kiel ihren Anfang genommen. Am 7. November wurde in Bremen ein Arbeiter- und Soldatenrat gewählt. Während in Berlin der frischgebackene Reichskanzler Friedrich Ebert (SPD) „Ruhe und Ordnung“ als erste Bürgerpflichten propagierte, war man sich in Bremen sicher: „Die beste Regierungsform für das Proletariat ist das Rätesystem.“ Mit diesen Worten rief Adam Frasunkiewicz (USPD) nach Wochen der Doppelherrschaft von bürgerlichen Organen und Arbeiter- und Soldatenräten am 10.1.1919 die „Sozialistische Republik Bremen“ aus.

Zwar verlief die Machtübernahme in Bremen unblutig, allerdings auch deutlich erfolgloser als ihr russisches Vorbild: Schon nach einer Woche sperrten die Banken, die ungestört ihren Geschäften nachgehen durften, der Republik den Kredit. Die Bremer Revolutionäre waren obendrein isoliert, nachdem spätestens mit der Liquidierung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15.1. der Spartakus-Aufstand in Berlin niedergeschlagen war. Das Bremer Bürgertum, u.a. in der Verwaltung nach wie vor vertreten, verlangte Wahlen zu einer Volksvertretung – eine Forderung auf die der Arbeiter- und Soldatenrat am 1. Februar schließlich einging. Damit war die Räterepublik formal am Ende. Da aber der Bremer Sonderweg für die Reichsregierung „längst zu einer Prestigesache geworden“ (Weserzeitung, 2.2.1919) war, statuierte sie ein Exempel: „Bluthund“ Gustav Noske (SPD) ließ auf Bremen marschieren. Seine Begründung: „Bei unseren Überlegungen kamen wir zu dem Resultat, wenn Bremen nicht in Ordnung gebracht werde, könne die Regierung sich als erledigt betrachten, weil niemand sie respektiere.“

Die miltärisch deutlich überlegene Division Gerstenberg bezwang die Revolutionäre am 4.11.1919 innerhalb eines Tages. 24 Freikorps-Sldaten, 28 Arbeiter, 18 Männer, fünf Frauen und sechs Kinder fielen während der Kampfhandlungen. Die Zeitung „Der Kommunist“ wurde verboten, die Revolutionäre flohen oder wurden verhaftet. In Bremen waren Ruhe und Ordnung eingekehrt. Im April 1919 kam es in München zu einem weiteren Versuch, einen Rätestaat einzuführen. Auch hier gaben Ebert & Co. kein Pardon.

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